Ein Leitfaden für Tennistrainer

Mein Blog ist ja nicht nur eine Webseite, um meine Trainingsangebote zu präsentieren und neue Schüler zu gewinnen.
Ich möchte auch eine Plattform bieten, auf der ich über meine Arbeit berichte und reflektiere, Konzepte, Methodiken, Übungen oder auch Produkte vorstelle und anderen Trainern damit helfe bzw. mit diesen in den Erfahrungsaustausch trete. Durch meine Ausbildungen zum Ballschul-Übungsleiter und B-Trainer habe ich viele neue Eindrücke gewonnen und aktuell beschäftigen mich vor allem Trainingsphilosophien und Trainingsmethoden.
Nun bin ich wieder auf ein interessantes neues Konzept gestoßen.
DTB/B-Trainer Dirk Massing von der Tennisschule Massing, bei der ich im letzten Jahr als Gasttrainer aktiv war, hat für Tennistrainer einen sehr hilfreichen Leitfaden für die Trainingsarbeit entwickelt.

Das Konzept beinhaltet einen 12 Wochenplan, in dem alle Schläge erlernt und in Spiel- und Übungsformen angewendet werden. Dabei gibt es verschiedene Varianten für unterschiedliche Altersgruppen, so dass entsprechend des Play&Stay-Konzepts auf Kleinfeldern oder Mid-Courts und Großfeldern und in einer Vorstufe auch mit Low-T-Ball-Anlagen gearbeitet werden kann. Für Erwachsene auf dem Großfeld wird zudem zwischen Einzel-, sowie Gruppen- und Mannschaftstraining unterschieden.

Der 12 Wochenplan gliedert sich in Themen wie z.B. Vorhand, Rückhand, Volleys oder Angriffsbälle. Zu Beginn des Plans vornehmlich im Bereich Erwerbstraining, in den fortgeschrittenen Wochen dann mehr im Bereich Anwendungs- und Ergänzungstraining. Es fällt auf, dass der Aufschlag schon von Beginn an dabei ist und in nahezu jeder Woche berücksichtigt wird, ebenso wie Konditionseinheiten. Das zeigt die Wichtigkeit dieser beiden Themen. Darüber hatte ich ja auch schon in meinem Beitrag zur Trainingsphilosophie geschrieben.

Bei den einzelnen Wochenthemen wird auf Übungen und Trainingsformen verwiesen, die sich auf die Trainingsbücher „Tennistraining 2000“ und „Tennistechnik“ (von Richard Schönborn) stützen bzw. auf die „New School of Tennis“ von Ex-Davis-Cup-Teamchef Patrick Kühnen.
Ich finde dieses Konzept vor allem für neue und angehende Tennistrainer ideal. Oftmals werden Trainerassistenten oder neue Trainer von ihrem Verein oder dem Cheftrainer in den Tennis-Kindergarten oder in das Jugend-Anfängertraining gesteckt. Mit Hilfe dieses Konzepts können die Trainer sofort mehrere Ziel- und Altersgruppen bedienen und somit auch die entsprechende Erfahrung sammeln. Und dass man als Trainer kreativ sein muss und das Konzept mit bekannten Übungen aus dem eigenen Training oder der Ausbildung ergänzen kann, steht außer Frage.

Interessant finde ich auch die Trainingsmethode zur Technikvorgabe, die in dem Konzept ebenfalls steckt. Jeder Schlag ist – in Anlehnung an Haupt- und Hilfsaktionen – in verschiedene Positionen aufgeteilt, die mit Zahlen von 0 – max. 5 benannt sind. Für jede Position werden die wichtigsten Merkmale genannt und es wird auch mit Metaphern bzw. Bildern für die Vermittlung gearbeitet. Damit wird für die Technikvermittlung ein methodisches Vorgehen ermöglicht, um zum einen den Schlag im groben zu erlernen, aber auch um gezielt an den Merkmalen der einzelnen Positionen zu arbeiten und den Schlag technisch zu verfeinern.

Ergänzt werden die Unterlagen durch Gedanken zu Leitbild und Aufbau einer Tennisschule und einem Technikanalysebogen. Das Konzept kann man in verschiedenen Bausteinen oder als Paket erworben werden. Weitere Informationen und Bestellung unter http://www.massing-tennistraining.de/trainer2.htm

Habe ich eine Philosophie?? Und wann macht Tennis Spaß?

Ich bin ja immer wieder auf der Suche nach Anregungen und neuen Quellen für mein Tennistraining (Konzepte, Übungssammlungen, Trainingsbeispiele). Beim DTB habe ich mir nun drei DVD´s der A-Trainer-Fortbildungen gekauft. Für insgesamt 26,00€ eine lohnende Investition. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis ich alle Videos durchgeschaut habe.

Eine interessante Präsentation war der Vortrag von Marc-Kevin Göllner 2011 mit dem Titel „Retrospektive eines Weltklassespielers“. MKG betreibt jetzt eine Akademie in Köln und hat einige seiner Übungen vorgestellt. Er hat einige Grundsätze seines Trainings genannt, wie

  • „so wenig Side-Steps wie möglich, so viel wie nötig“ (Kreuzschritte sind wichtiger!)
  • beidhändige Rückhand mit offener Schlagstellung trainieren
  • alle drei Aufschlagarten (Brett, Kick, Slice) mit dem gleichen Ballwurf durchführen
  • Aufschlag ist Bestandteil jeder Trainingseinheit
  • der Griff beim Aufschlag ist egal, wenn das Handgelenk flexibel ist

Dabei sprach er auch von Philosophie, was mich zu der Überlegung brachte:

„Habe ich auch eine Trainingsphilosophie?“

Sicher habe ich einige Dinge, auf die ich besonders achte. Ich unterscheide zwischen normalem Gruppen- und Mannschaftstraining,meine Stunden haben i.d.R. immer ein Schwerpunktthema, beinhalten Erwerb- / Anwendung- und bestenfalls auch Ergänzungstraining und koordinative Elemente und ich versuche Inhalte entsprechend der Saison (Sommer oder Winter) und auch Schüler (Mannschafts-/Turnierspieler vs. Nicht-Mannschaftsspieler) zu periodisieren. Insbesondere meine B-Trainerausbildung und die Ballschul-Ausbildung haben mich nochmal beeinflusst. Ich achte mehr auf frühes Ausholen, die Ballbeobachtung meiner Schüler und einen erkennbaren Beschleunigungspunkt. Bei Kindern trainiere ich noch spielerischer, differenzierter und alters- und entwicklungsgerechter mit verschiedenen Vermittlungsmethoden (die ich bewusster versuche einzusetzen).

Insgesamt ist es aber für mich schwierig zu sagen, was ist hier Philosophie (und somit vielleicht auch ein bißchen individuell) und was ist eigentlich „Standard“. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, meine Philosophie in Form von Grundsätzen meines Tennistrainings einmal niederzuschreiben und somit auch meine Hompepage um eine weitere Kategorie auszubauen. Zunächst einmal habe ich mir nochmal mein Profil auf unserer Vereinswebseite angeschaut und bei anderen Tennisschulen nach deren Philosphie recherchiert. Man liest eigentlich immer wieder einen Leitsatz wie „Tennis soll Spaß machen“ oder „Spaß am Tennis vermitteln“. Doch wann hat man denn überhaupt Spaß beim Tennis. Dabei gibt es für mich einen Unterschied aus Schülersicht und Trainersicht, die man beide zusammenbringen muss. Dies war auch Thema im B-Trainer-Lehrgang. Ziele/Erwartungen eines Tennisschülers erfragen und gemeinsam definieren. Das gilt natürlich vorrangig im Erwachsenenbereich.

Aber zurück zur Frage: Wann macht Tennis Spaß?

Aus Sicht des Schülers macht Tennis Spaß, wenn das Training die Erwartungen des Schülers erfüllt und dessen (bestenfalls gemeinsam mit dem Trainer bestimmten) Ziele verfolgt.

=> Daraus ergibt sich, dass ich ein möglichst vielfältiges Angebot für verschiedene Zielgruppen anbiete (Ballschule für Vorschulkinder, kindgerechtes Training nach der play&Stay-Methode, breitensportlich orientiertes Erwachsenentrainig, Mannschaftstraining, Förderung ambitionierter Jugendlicher).

Aus meiner Trainersicht macht Tennis dann Spaß, wenn man

  • eine saubere Technik besitzt
  • taktisches Verständnis und Spielwitz hat
  • entsprechende motorische und koordinative Grundlagen vorhanden sind (die man vor allem bei Kindern fördern kann/muss)
  • konditionelle Fähigkeiten gegeben sind (Kondition ist ein leistungslimitierender Faktor)
  • mental stark ist (im Wettkampfsport)

=> Diese für das Tennisspiel relevanten Faktoren versuche ich in meinen Trainingsstunden zu berücksichtigen, zu vermitteln und zu fördern – entsprechend der Zielgruppe und in Absprache mit dem Schüler.

Die zweite Frage, die ich mir gestellt habe, war:

Was sind die Punkte, auf die ich besonders wert lege und wo kann ich noch etwas verbessern?

Was ich schon mache, habe ich oben ja teilweise schon genannt

  • Anfänger sollen schnell selbst spielen können (auch ohne Trainer)
  • Unterscheidung der Inhalte von Gruppen- und Mannschaftstraining
  • Unterscheidung Sommer-/Wintertraining
  • Schwerpunktsetzung in einer Trainingseinheit
  • Erwerb- und Anwendungstraining
  • spielorientiert trainieren
  • Ergänzungstraining, Schulung von Koordination/Kondition (schwierig wenn man nur eine Stunde pro Woche hat)

Auf welche Trainingsinhalte achte ich dabei besonders:

  • offene Schlagstellung bevorzugen (auch beidhändige RH)
  • Rückhand beidhändig mit Griffwechsel
  • Aufschlag frühzeitig mit richtigen Griff erlernen
  • Bewegungsmuster schulen (bewusster Einsatz von Stemmbein, Bewusstsein für Beschleunigungspunkt, Stehen beim Schlag, Richtungswechsel)
  • Arbeit mit Zielfeldern (Taktik, Winkelspiel)
  • hohe Flugkurve (Topspin, Vermeidung von Fehlern)

Was kann ich zukünftig noch besser machen?

  • Bewegungsmuster erweitern, mehr achten auf Split-Step und Kreuzschritte. Von Anfang an.
  • höherer Anteil von Aufschlag-/Returntraining (mehr als die Hälfte aller Punkte sind nach 4 Schlägen vorbei)
  • noch mehr Übungen zu Motorik und Koordination
  • bewusst und somit gezielt unterschiedliche Vermittlungsmethoden anwenden
  • erfragen von Zielen, Wünschen, Erwartungen der Schüler
  • offener, ausführlicher Kommunizieren, warum ich welche Übung durchführe (ggf. auch gegenüber Eltern)

 

Trainingstipps und Literaturempfehlung

Hier einige Tipps für alle Trainer und Übungsleiter, die hier mitlesen. Beim Bayerischen Tennisverband (BTV) gibt es einige Trainingstipps (Kindertennis, Wettkampftennis, Freizeit etc.) mit Übungsbeispielen zum Download.

Auf der Seite des Deutschen Tennis Bundes (DTB) gibt es Spiel- und Übungsformen für alle drei Play+Stay-Stufen (rot, orange, grün) als Download.

Und für alle, die sich mit Kinder(-garten)tennis und Schultennis beschäftigen, empfehle ich die Zeitung „tennistraining-junior“ aus dem Bezzenberger-Verlag. In diesem Verlag gibt es auch zwei Skripte mit Übungssammlungen für das Kindertraining und die Play+Stay-Stufe „rot“

Neue Zielgruppe für Tennistrainer und Vereine / Mini-Ballschule für Vorschulkinder und Kindergarten-Tennis

Als Tennistrainer ist man zunehmend mehr und mehr ein Dienstleister,  der sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren muss. Das bedeutet, einfach Tennistraining anzubieten, ist nicht mehr ausreichend. Trainer und auch Verein müssen sich über die unterschiedlichen Zielgruppen und auch deren Bedürfnisse bewusst sein und zielgruppenorientierte Angebote in ihrem Repertoire haben. Dies betrifft dann nicht nur das Marketing nach außen (z.B. wie das Angebot benannt ist. Anfängerkurs für Erwachsene, Mannschaftstraining, Tennis-Kindergarten, Cardio-Tennis etc.), sondern auch die Methodik und Didaktik bei der Durchführung. Ein Beispiel hier ist Schultennis. Bei einer solchen Veranstaltung muss ich als Trainer damit rechnen, dass die Teilnehmer ggf. nicht alle freiwillig dabei sind, weil es sich vielleicht um eine schulische Pflichtveranstaltung handelt (abhängig natürlich von der Ausschreibung des Angebots, z.B. Tennis als AG oder Tennis im Schulsport). Dementsprechend ist die Motivation anders als in einem Gruppentraining, für das man auch bereit ist Geld zu zahlen. Zudem hat man beim Schulsport auch noch eine meist heterogene Großgruppe zu betreuen. Ein anderes Beispiel ist Cardio-Tennis. Hier nimmt sich der Trainer zurück mit Technik- oder Taktikanweisungen, einziges Ziel ist viel Bewegung in einem möglichst konstanten Pulsbereich.

Doch zurück zur Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen.

Für die Gewinnung von Kindern und Jugendlichen ist Schultennis zweifelsohne ein wichtiges Beschäftigungsfeld in der Zukunft  für uns Tennistrainer und Tennisvereine. Aber wir müssen uns bewusst darüber sein, dass wir zunächst ein zusätzliches Bewegungs- und Betreuungsangebot für die Schule anbieten, in  der Hoffnung hier auch neue Mitglieder zu werben. Das Mitgliederpotenzial ist durchaus vorhanden, denn viele Kinder in diesem Alter probieren sich aus und haben ihren Lieblingssport noch nicht gefunden. Einige sind allerdings in anderen Sportarten aktiv und mit anderen Vereinen verbunden. Es ist aber aus meiner eigenen Erfahrung möglich 10-15% von Schultennis-Kindern für das spätere Vereinstraining zu gewinnen. Eine Quote, über die sich manches Unternehmen sicher freuen würde. Doch warum erst mit Schultennis beginnen? Verfolgt man das Ziel auch schon Mannschaften in den U8- und U10-Wettbewerben zu stellen, muss man die Kinder früher an den Tennissport heranführen. Die Herausforderung heißt Angebote für Kindergartenkinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren zu schaffen. Dies ist eine große Chance, denn das Angebot für diese Zielgruppe ist meist überschaubar. Kinderturnen und Schwimmen sind hier die Klassiker. Fußball und Handball starten meist erst mit der G-Jugend (bis 7 Jahre), auch Minis oder Bambini-Gruppe genannt.

Für die Vorschulkinder steht hier zunächst die Schulung motorischer Fertigkeiten wie Rollen & Drehen des Balles, Werfen & Fangen, Kicken & Stoppen mit dem Fuß, Schlagen & Stoppen eines Balles oder auch ganz einfach das Hüpfen & Springen im Vordergrund. Darauf aufbauend gilt es weitere Fertigkeiten im Umgang mit dem Ball auf spielerische Weise zu fördern. Dazu zählen vor allem die Flugbahn des Balles zu erkennen, den Laufweg zum Ball und den Spielpunkt des Balles zu bestimmen oder die Ballabgabe (egal ob mit Hand, Fuß oder Schläger) zu kontrollieren. Für einen Tennistrainer durchaus Neuland, denn das tennisspezifische steht hier noch gar nicht im Vordergrund.

Als Basis für ein solches Angebot kann hier das Konzept der Heidelberger Ballschule dienen. Mit der Mini-Ballschule für Kinder von 3 – 6 Jahren lässt sich das Trainingsangebot eines Vereins oder einer Tennisschule erweitern. Auch viele Tennisverbände bieten bereits Konzepte oder Übungssammlungen für Vorschulkinder an. Beispielhaft sei hier der BTV mit seiner Ballschul-Kooperation oder der HTV mit seinen 10-Stunden-Programmen genannt. Diese stellen aber nur das Handwerkszeug bereit. Die Arbeit mit Kleinkindern geht über das eigentliche „Training geben“ hinaus und verlangt viel pädagogisches Geschick und Fingerspitzengefühl. Eine „normale Tennisstunde“  kann der erfahrene Tennistrainer eigentlich jederzeit halten. Für Übungseinheiten der Mini-Ballschule oder im Tennis-Kindergarten muss man im Vorfeld schon mehr Zeit in die Konzeption und Vorbereitung stecken (was im übrigen auch für andere zielgruppenspezifische Angebote wie Cardio-Tennis, Schultennis mit Großgruppen oder Mannschaftstraining auf zwei Plätzen gilt).

 

Neben den eigentlichen Übungen  sind die Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung. Dies können sein…

–          Immer gleicher (für Kinder gewohnter und bekannter) Aufbau der Stunde

–          Wiederholung von Übungen aus der vorherigen Stunde, immer etwas bekanntes einbauen

–          Einbindung von Ritualen (Stundenbeginn, Ende, Aufräumen)

–          Wechsel von Übungen und Spielen

–          Spielerisches Üben und Erfahren steht im Vordergrund (implizites Lernen)

–          Keine Technikanweisungen (der Trainer nimmt sich zurück)

–          Klare Regeln

 

Um den Bezug zum Tennis zu schaffen, können die folgenden Anregungen hilfreich sein:

–          Mini-Ballschulstunden finden auf dem Tennisplatz statt (Gewöhnung an Platz, Linien; Nutzung von Kleinfeldnetzen, Tenniswand und Low-T-Ball)

–          Mini-Ballschulstunden sind eingebettet in den normalen Trainingsbetrieb (vorher bzw. nachher findet Jugendtraining statt; die Kinder sehen die Großen beim Spielen)

–          Einsatz von Kindertennisschlägern und Play&Stay-Bällen

 

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